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  • AutorenbildMarie-Louise

Ein Leben in Sportswear


Eine neue Woche ist angebrochen und neben dem schlimmsten Muskelkater aller Zeiten starte ich mit 7 neuen Persönlichkeiten.

E + A haben mich geschminkt und mir daraufhin gebeichtet, dass ich nun endlich(!!!!) eine schöne Prinzessin bin. Danach war ich ein brennendes Haus welches gerettet werden musste und wieder eine Weile später wurde ich zur Meisterköchin ernannt.

Die Eingewöhnungsphase ist noch längst nicht vorbei. Ich bin zwar fleißig dabei mir alle Namen zu merken, herauszufinden in welchem Shop ich was bekomme und IRGENDWIE mit meinem Orientierungsinn von A nach B zu kommen.

Die viel erfreulichere Nachricht ist aber, dass ich auf einem Pumpkin Patch war und durch ein Maislabyrinth gegangen bin!!!! Es ist kaum zu übersehen, dass Halloween vor der Tür steht. Auf die amerikanischen Feiertage bin ich gespannt.

 

Ich bin jetzt seit gut einem Monat in den Staaten. Meine Bucket List ist lange. Die Zeit kurz. Und der Lohn als Au Pair macht einen nicht reich.

Anders gesagt: es gibt viel zu erzählen.

Zu meinen Arbeitszeiten:

Mein Tag beginnt um 06:45 Uhr. Wenn ich aus meinem Zimmer trete, ist A schon am Weg in die Schule. Meine "Aufsichtspflicht" für E beginnt sobald der letzte Elternteil das Haus verlassen hat (07:00 Uhr). Dann sind E und ich alleine. Abhängig ob er in die Pre-School muss oder nicht, gestaltet sich unser Vormittag. Montags, Mittwochs und Donnerstags ist er von 08:30 - 12:00 in der Schule und ich hab frei. An diesen Tagen zieh ich ihn an, mach Eierspeise, ließ ein Buch und bring ihn zu Fuß in die Schule. Um 12 geht's Heim, wir haben Lunch und hoffentlich einen Nap!!!! Danach geht's zum Spielplatz, in die Bücherei, zur Farm, zu einem Pumkin Patch oder in den Garten. Um 15:30 Uhr pack ich ihn in 34 Jacken und 11 Hauben ein und wir machen uns auf den Weg seine Schwester von der Busstation abzuholen. Ja, wir fahren mit dem Auto aber bis das einigermaßen warm ist, sind die 34 Jacken von höchster Wichtigkeit.

Dienstags und Freitags sind die Vormittage entspannter. Alles ist etwas langsamer und ruhiger. Gegen 10:00 Uhr gehen wir nach Draußen und machen eine meiner super aufregenden Aktivitäten. Museum, Naturzentrum, usw.

Sobald A vom Bus abgeholt ist, fahren wir entweder in die Stadt, zu einem Spielplatz oder nach Hause um zu basteln oder kochen/ backen. Gegen 18:00 Uhr kommt meine Gastmutter Heim und macht Abendessen.

Es war mir wirklich ein Anliegen an Wochenenden frei zu haben. Viele Au Pairs müssen oftmals Samstag für eine Stunde arbeiten. Grundsätzlich nichts weltbewegendes, trotzdem gestaltet sich daraufhin das Reisen am Wochenende schwierig.


Zu meiner Gastfamilie:

Meine Gasteltern sind keine großen Anhänger von Social Media. Darum haben sie mich gebeten weder die Namen noch Gesichter der Kinder im Internet zu veröffentlichen.

A ist meine kleine 5 Jährige und E der 3 Jährige.

Die Kinder sind aber wirklich toll. Die meiste Zeit meines Arbeitstags verbring ich mit E. Wenn er nicht in der "Schule" ist, bin ich das Entertainmentprogramm und da ist es ausgeschlossenen, dass wir Zuhause sitzen dürfen. Mindesten 1x pro Tag gehen wir an die frische Luft. Zu Beginn hab ich das toll gefunden. Bis zu dem Moment als ich realisiert habe wie verdammt kalt es für die nächsten 5 Monate sein wird. Jetzt, Ende Oktober, hat es Morgens knackige 2°C. Macht das Spaß? Die Freude darüber hält sich in Grenzen.

Nichtsdestotrotz hab ich die Arbeit mit Kindern/ als Au Pair unterschätzt.

"Ach das bisschen Kinderhüten und die paar Haushaltspflichten sind machbar. Was ist schon dabei? Was soll denn so schwer sein?"

Ha ha. Kinder können anstrengend sein, halleluja. Natürlich nicht absichtlich aber trotzdem. In meinen Aufgabenbereich fällt, neben der Kinderbetreuung, Wäsche waschen, Kochen, Küche + Kinderzimmer + Spielzimmer sauber zu halten. Also alles was die Kinder betrifft, betrifft auch mich.

Klingt doch immer noch nicht nach einer großen Herausforderung oder?

Es ich schwierig zu erklären. Auch wenn es nicht die eigenen Kinder sind, ist man für sie verantwortlich. Und das den ganzen Tag. Das fordert mich mit meinen 19 Jahren mehr heraus als ich mir vielleicht eingestehen würde.

Normalerweise macht es mir nichts aus lange wach zu bleiben, gestern bin ich aber im Kino eingeschlafen weil ich so müde war.

Eine meiner größten Aufgaben in diesem ersten Monat war die Kleine dazuzubekommen meinen Namen zu kennen. Zu Beginn ist mir das gar nicht aufgefallen. E nennt mich mit seinen 3 Jahren immerhin "Mawiluis". Für die Große war ich The Babysitter oder Au Pair. Da sie aber meine Frage, ob sie The Host Child sein möchte, verneint hat haben wir beschlossen, dass nun jede von uns einen Namen bekommt. Status Quo: Wir arbeiten daran..

Genauso wie Bitte und Danke. Die Kinder sind weder verzogen noch sonst etwas, aber mit Bitte und Danke haben sie noch etwas ihre Probleme. Was man ihnen nicht übel nehmen kann. Ändern tu ich es trotzdem.

Generell lässt sich über die amerikanische Erziehung sagen, dass die Kinder überbehütet sind. Ein schlafendes Kind darf nicht im Auto gelassen werden um schnell die Tankrechnung zu zahlen oder sobald sich ein Kind den Finger leicht einschneidet muss ein Elternteil kontaktiert werden.

Ein anderes Beispiel zeigt sich in den Schulen. Wenn der eigene Name nicht auf einer Liste steht, ist es der Erzieherin strengstens verboten das Kind auszuhändigen. Meine Gastmutter ist deshalb mit mir zu jeder Lehrerin und Busfahrerin gegangen um mich vorzustellen.

In meiner Gastfamilie werden die Kinder nicht geschimpft. Wenn etwas nicht richtig verläuft wird gesagt wie sich das Gegenüber fühlt und dann gibts ein Bussi. Und grundsätzlich find ich das toll, jedoch war es zu Beginn schwierig. Wenn E etwas getan/ gesagt hat, was ich verneint habe, hat er begonnen zu weinen. Nach gut einem Monat haben wir das ganz im Griff. Auch das Thema Geschwisterstreit. Meistens geht es ums Teilen. Aber wer möchte denn schon die schöne lila Teetasse aus Plastik teilen?!?! Meine Taktik ist es, den Kinder die Lösung zu überlassen. Wenn sie sich nicht einigen können, dann freut sich Mawiluis darüber. Wenn zum jetzigen Zeitpunkt ein Streit ansteht, reicht es meistens wenn ich "Hey you Guys" ins Spielzimmer sage.

Zu meiner Freizeit:

Meine kleine süße Vorstadt ist zwar sehr piktographisch aber eine Hochburg der Abendaktivitäten ist sie nicht. Was mir ohnehin nicht in die Karten spielen würde, da ich mit 19 nach 21:00 Uhr sowieso in kein Restaurant mehr eintreten darf. Tagsüber gibt es aber schon einiges zu machen. Die Stadt liegt an der Küste, was Kayaking und Surfen ermöglicht. Es gibt viele viele Wanderwege, eine Mall in der Nähe und Boston ist mit dem Zug ca 1 Stunde entfernt. Und einen kleinen Flughafen. Von welchem ich ganz begeistert bin, da ich alleine ein Flugzeug geflogen bin (Cessna 152 für die Profis hier).

Kleidung zu kaufen ist ein Traum!!!! Es gibt alles. Sogar leistbar. Wenn wir uns aber in die Hygiene-/ Kosmetikabteilung begeben wird es minimalst teurer. Ich hab gelernt unseren österreichischen DM zu schätzen. Shampoo für 60c? Hier undenkbar. Natürlich gibt es die 1$ Shops aber meine Gesichtscreme kauf ich dort dann doch nicht unbedingt gerne.

Ansonsten bin ich aber super stolz auf meinen Sport. Das Fitnessstudio und ich scheinen Freunde zu werden. Einziges Problem: die amerikanischen Snacks und ich sind schon wesentliche bessere Freunde.

Apropro Freunde: da bin ich immer noch ziemlich gesegnet. Aber ich kann generell sagen, dass hier alle super super nett sind. Besonders die Angestellten aus der Coffeefactory scheinen mich zu mögen. Liegt vielleicht daran, dass ich mich langsam zum Hauptsponsor entwickle.

Und natürlich steht auch das Facetimen auf meiner Liste. Bislang hab ich kein Heimweh und ich bin mir noch nicht sicher ob ich mich deshalb schuldig fühlen sollte. Mir geht's hier super gut und ich hab, um ehrlich zu sein, keinen Grund traurig zu sein. Es war doch meine Entscheidung ein Jahr lang in die Staaten zu gehen und damit hab ich mich bis jetzt ziemlich gut abgefunden.

Was aber auf gar keinen Fall bedeutet, dass ich meine Familie und Freunde nicht gerne bei mir hätte oder sehen würde.

Aber um was geht es in dem Au Pair Jahr denn wirklich? Für wen tu ich das? Richtig, für mich. Und hierbei ist es vollkommen irrelevant wo die Leute sind die mich wichtig sind. Vielleicht ist es ja auch von Vorteil, dass niemand hier ist (lieb hab ich euch trotzdem).

Grundsätzlich kann man sich in diesem Jahr total entfalten und sein wer man möchte. Es gibt keinen Vergleichswert zum "alten Ich "und niemand kann dich darauf hinweisen. Ich bin in diesem einen Monat (noch) selbstständiger, unabhängiger und verantwortungsbewusster geworden. Manche "Fesseln", die mich in Österreich unterbewusst zurückgehalten haben, gibt es hier einfach nicht mehr. Generell fühl ich mir jetzt total frei. Liegt vielleicht daran, dass ich die Schule fertig habe und was ganz neues anfange. Oder, dass ich mehr Ich bin als jemals zuvor.

Der erste Monat ist vorbei und ich kann kaum glauben wie schnell die Zeit verfolgen ist.






















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